Bundestag 2

Grundgesetzänderung

Zielgerichtete Investition in elementare Bereiche Bildung, Wohnungsbau und Infrastruktur

Am Donnerstag, dem 29. November 2018, hat der Deutsche Bundestag mit der notwendigen 2/3-Mehrheit den von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes beschlossen.

Der Bund kann den Ländern zur Sicherstellung der Qualität und der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens Finanzhilfen für gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen sowie mit diesen verbundene besondere unmittelbare Kosten der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) im Bereich der kommunalen Bildungsinfrastruktur gewähren. Artikel 104b Absatz 2 Satz 1 bis 5 und Absatz 3 gilt entsprechend.

Das erste gemeinsame Projekt, das auf dieser Grundlage umgesetzt werden kann, ist der DigitalPakt Schule mit einem Volumen von insgesamt fünf Milliarden Euro.

Hierzu im Einzelnen:

Kriterium der „Zusätzlichkeit" (Art. 104b Abs. 2 S. 5 GG)

In parlamentarischen Verfahren konnte Art. 104b Abs. 2 S. 5 erster Halbsatz GG auf gemeinsame Initiative der haushaltspolitischen Sprecher der Koalitionsfraktionen um das Kriterium der „Zusätzlichkeit" ergänzt werden.

Ziel der Änderung ist Folgendes: Die gesamtstaatliche Wirkung der Finanzhilfen des Bundes soll nicht dadurch gemindert werden, dass die Länder im gleichen Zug ihre eigenen finanziellen Anstrengungen in dem jeweiligen Investitionsbereich vermindern und Haushaltsmittel für andere Bereiche verwenden. Dadurch sollen die künftigen Finanzhilfen des Bundes zusätzlich zu den Investitionen des Landes wirken und Bundesmittel nicht lediglich die eigenen Investitionen der Länder ersetzen.

Über die nun vereinbarte Formulierung ist zukünftig sichergestellt, dass die Länder mindestens die Hälfte der öffentlichen Investitionen in dem von einer Finanzhilfe erfassten Investitionsbereich (z.B. sozialer Wohnungsbau) selbst tragen. Gewährt der Bund den Ländern eine Finanzhilfe, müssen die Länder die mindestens hälftige Mitfinanzierung in dem entsprechenden Förderbereich sicherstellen. Damit Auswirkungen auf laufende Programme ausgeschlossen sind, gilt die neue Regelung gem. Art. 125c Abs. 3 GG neu erst nach dem 31. Dezember 2019.

Unterstützung Bildungsinfrastruktur Kommunen (Art. 104c GG)

Damit der Bund künftig nicht nur in „finanzschwachen" Kommunen in die Bildungsinfrastruktur investieren kann, sondern in allen Kommunen (und Ländern) wird der Begriff „finanzschwach" in Art.104c GG gestrichen. Damit wird eine Vereinbarung des Koalitionsvertrages umgesetzt und die verfassungsrechtliche Voraussetzung für den Digitalpakt Schule geschaffen. Dafür sind für diese Legislaturperiode 3,5 Mrd. Euro (insgesamt 5 Mrd. Euro über 5 Jahre) als prioritäre Maßnahme vorgesehen, finanziert über ein Sondervermögen mit den Versteigerungserlösen der 5G-Lizenzen. Damit ist der Weg frei, dass der Digitalpakt Schule - wie geplant - zu Jahresbeginn in Kraft tritt.

Die weiteren Änderungen in Art. 104c GG sind aufgrund der erforderlichen Verhandlungen mit FDP und Bündnis 90/Die Grünen notwendig geworden. Für ihre Zustimmung zur Grundgesetzänderung wollten die beiden Fraktionen ursprünglich durch Änderungen des Art. 91b GG das bestehende Kooperationsverbot abschaffen. Das konnten wir verhindern!

Es ist unser Erfolg der Verhandlungen, dass wir diese von FDP und Bündnis 90/Die Grünen geforderte neue Gemeinschaftsaufgabe verhindert haben und gleichwohl die Länder zielgerichtet im Bereich Bildung unterstützen können. Die beschlossenen Änderungen im Art. 104c GG ändern nichts daran, dass es sich weiterhin um eine zeitlich befristete Finanzhilfe des Bundes handelt. Darüber hinaus wird durch das Zusätzlichkeitskriterium sichergestellt, dass die Länder eigene Mittel nicht einfach durch Bundesmittel kompensieren können. Auch bleiben wir mit dem neuen Art. 104c GG im Rahmen des Koalitionsvertrages (Zeilen 1141­1146):

„Zur Verbesserung der Bildung werden wir eine Investitionsoffensive für Schulen auf den Weg bringen. Diese umfasst zusätzlich zum laufenden Schulsanierungsprogramm die Unterstützung der Länder bei ihren Investitionen in die Bildungsinfrastruktur, insbesondere Ganztagsschul- und Betreuungsangebote, Digitalisierung und berufliche Schulen. Dazu werden wir die erforderliche Rechtsgrundlage in Art. 104c Grundgesetz (GG) durch die Streichung des Begriffs „finanzschwache" in Bezug auf die Kommunen anpassen. Die Kultushoheit bleibt Kompetenz der Länder."

Sozialer Wohnungsbau (Art. 104d GG)

Der neue Artikel ist erforderlich, damit der Bund dauerhaft den Ländern Finanzhilfen für gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen im Bereich des sozialen Wohnungsbaus gewähren kann (prioritäre Maßnahme: weitere Förderung durch Bund 2020/2021 in Höhe von zwei Mrd. Euro). Auch für den sozialen Wohnungsbau gilt künftig das Zusätzlichkeitskriterium.

Gemeindeverkehrsfinanzierung (Art. 125c Abs. 2 GG)

Die Streichung der zeitlichen Vorgaben im Art. 125c GG war notwendig, damit das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GFVG) bereits vor dem 1. Januar 2025 geändert werden kann. Dadurch wird eine verstärkte Fortsetzung für Neu- und Ausbaumaßnahmen ermöglicht (prioritäre Maßnahme: Erhöhung der GVFG-Mittel in 2020/2021 um eine Mrd. Euro). Eine Ausweitung der Fördertatbestände des GVFG ist nicht beabsichtigt. Gleichwohl wurden Nebenabreden zu möglichen Änderungen des § 6 GVFG von FDP und Bündnis 90/Die Grünen eingefordert. Klargestellt wurde, dass Bestandssanierungen weiterhin ausgeschlossen bleiben. Spielräume gibt es künftig vor allem beim Mindestprojektvolumen.

Verwaltungsaufgabe Bundesautobahnen (Art. 143e GG)

Angesichts der vorgegebenen bundeseigenen Verwaltung der Bundesautobahnen hatte der Bundespräsident bei der Prüfung des Gesetzespaktes zur letzten Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen erhebliche Zweifel an einer einfachgesetzlichen Rückübertragungsmöglichkeit der Verwaltungsaufgaben vom Bund auf die Länder. Mit diesen Änderungen wird den Zweifeln des Bundespräsidenten Rechnung getragen und die einfachgesetzliche Rückübertragungsmöglichkeit verfassungsrechtlich abgesichert.

Die von FDP und Bündnis 90/Die Grünen gewünschten Änderungen im Bildungsbereich haben bei uns von Anfang an erhebliche Sorgen hervorgerufen. Allerdings wäre die zum Gesetzesabschluss erforderliche 2/3-Mehrheit ohne gewisse Zugeständnisse nicht erreichbar gewesen. Angesichts auch weitergehender Wünsche des Koalitionspartners ist das Ergebnis für uns vertretbar. Wir haben erreicht: Das sog. Kooperationsverbot bleibt bestehen, und die Bundesunterstützung im Bildungsbereich ist und bleibt zeitlich befristet.

Im parlamentarischen Verfahren haben wir uns mit der verfassungsrechtlichen Normierung der „Zusätzlichkeit" in Art. 104b Abs. 2 S. 5 erster Halbsatz GG erfolgreich im Interesse des Bundes und des gesamten Landes eingesetzt. Somit können die Länder sich nicht mehr ihrer Verantwortung entziehen.

Mit diesem Ergebnis können wir zielgerichtet in elementare Bereiche (Bildung, Wohnungsbau und Infrastruktur) investieren. Das ist sehr gut für das gesamte Land.