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Bundestag beschließt Haushalt 2021

Ein starkes Signal für Sachsen

In ein paar Wochen beginnen in Deutschland die Weihnachtsfeiertage und das besondere Jahr 2020 neigt sich dem Ende zu. Ein guter Zeitpunkt, um einen kurzen Überblick über den Bundeshaushalt 2021 zu geben, der am Freitag, dem 11. Dezember 2020 in 2. und 3. Lesung im Plenum des Bundestages debattiert und endgültig beschlossen wurde.

Die Veränderungen, die der Haushaltsausschuss am Entwurf der Bundesregierung vom 23. September 2020 vornehmen musste, sind gravierend. Die Bundesregierung hatte in ihrem Entwurf, den wir in erster Lesung in der ersten Oktoberwoche im Bundestag beraten haben, noch Ausgaben von 413,4 Milliarden und eine Nettokreditaufnahme von 96,2 Milliarden Euro vorgesehen. Diese Zahlen waren angesichts der fortschreitenden Corona-Pandemie nicht mehr zu halten. Wir mussten im parlamentarischen Verfahren – auf Bitten der Bundesregierung – die Ansätze massiv erhöhen.

Die Ausgaben steigen gegenüber dem Entwurf um rund 85 Milliarden Euro auf 498,6 Milliarden Euro. Die Nettokreditaufnahme wird um rund 83,6 Milliarden Euro auf 179,8 Milliarden Euro erhöht. Der größte Teil davon wird benötigt, um die Wirtschaftshilfen für die Unternehmen, Freiberufler, Selbstständigen und Kulturschaffenden sowie die Mehrausgaben im Gesundheitswesen zu finanzieren.

Die Eckwerte für den Bundeshaushalt 2021 lauten damit:

  • Nettokreditaufnahme: 179,8 Mrd. Euro (Entwurf 2021: 96,2 Mrd. Euro, Soll 2020: 217,8 Mrd. Euro, Ist 2019: 0)
  • Gesamtausgaben: 498,6 Mrd. Euro (Entwurf 2021: 413,4 Mrd. Euro, Soll 2020: 508,5 Mrd. Euro, Ist 2019: 343,6 Mrd. Euro)
  • Steuereinnahmen: 292,8 Mrd. Euro (Entwurf 2021: 292,0 Mrd. Euro, Soll 2020: 264,8 Mrd. Euro, Ist 2019: 329,0 Mrd. Euro)
  • Verwaltungseinnahmen: 26,0 Mrd. Euro (Entwurf 2021: 25,2 Mrd. Euro, Soll 2020: 19,1 Mrd. Euro, Ist 2019: 28,1 Mrd. Euro)
  • Investitionen: 61,9 Mrd. Euro (Entwurf 2021: 55,2 Mrd. Euro, Soll 2020: 72,8 Mrd. Euro, Ist 2019: 38,1 Mrd. Euro)

Zusammen mit der für das laufende Jahr 2020 geplanten Nettokreditaufnahme von 217,8 Mrd. Euro wird die insgesamt bewilligte Neuverschuldung für beide Krisen-Jahre auf 397,6 Milliarden Euro steigen. Das ist eine enorme Ausweitung der Verschuldung. Auch wenn die tatsächliche Neuverschuldung dieses Jahres nach aktuellen Schätzungen bei weniger als 217,8 Mrd. Euro liegen wird, verbleiben neue Schulden von weit über 300 Milliarden Euro, die den Schuldenstand des Bundes um über ein Viertel gegenüber dem Vor-Krisen-Niveau von rund 1,2 Billionen Euro ansteigen lassen werden. Die gesamtstaatliche Schuldenquote (einschließlich Länder und Gemeinden) wird von knapp unter 60 Prozent Ende 2019 auf über 71 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im nächsten Jahr anwachsen.

Niemand im Haushaltsausschuss hat sich diese Entwicklung gewünscht. Wir hätten das letzte Jahr dieser Legislaturperiode gerne mit einer niedrigeren Neuverschuldung bestritten. Aber die hohe Dynamik der Corona-Pandemie lässt uns keine Wahl. Es handelt sich um eine Jahrhundert-Krise, die alle Lebensbereiche erfasst. Dem Staat kommt die Rolle zu, die Gesundheit der Menschen zu schützen, die Wirtschaft zu stabilisieren und die Arbeitsplätze zu erhalten

Der Deutsche Bundestag musste zur Ermöglichung der hohen Neuverschuldung erneut mit der Kanzlermehrheit – wie bereits bei den beiden Nachtragshaushalten in diesem Jahr – einen Beschluss fassen, der gemäß Artikel 115 Absatz 2 Satz 6 und 7 des Grundgesetzes eine außergewöhnliche Notsituation feststellt, die sich der Kontrolle des Staates entzieht und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigt. Die geplante Nettokreditaufnahme 2021 übersteigt die gemäß der Schuldenbremse zulässige Nettokreditaufnahme um rund 164,2 Milliarden Euro. Dieser Betrag ist gemäß dem vorgesehenen Tilgungsplan ab 2026 in 17 Jahresschritten zurückzuführen.

Diese Pflicht kommt zur Tilgung der außerordentlichen Neuverschuldung aus diesem Jahr hinzu. Hierfür ist eine Tilgung ab 2023 in 20 Jahresschritten vorgesehen. Schon jetzt ist damit absehbar: Beide Tilgungsleistungen werden zukünftige Haushalte in zweistelliger Milliardenhöhe belasten und damit die Spielräume deutlich einschränken.

Das Ausmaß der Corona-Pandemie für die Finanzsituation des Bundes lässt sich an den Einnahmen und Ausgaben eindrücklich aufzeigen:

  • Die Steuereinnahmen 2021 liegen um rund 45 Mrd. Euro unter dem Schätzwert vom Oktober 2019 für 2021.
  • Die Ausgaben 2021 werden um rund 128 Milliarden Euro höher als im Vor-Corona-Finanzplan vom März dieses Jahres veranschlagt.

Diese massiven Veränderungen können nicht durch Einsparungen an anderer Stelle, durch Steuererhöhungen oder durch Rücklagen aufgefangen werden. Wir müssen zum Instrument der Verschuldung greifen, um Schaden von unserem Land abzuwenden. Deutschland hat dank seiner soliden Finanzpolitik bis 2019 und der hervorragenden Bonität an den Finanzmärkten gute Voraussetzungen, diese Schuldenlast zu stemmen. Ich finde es wichtig, die vorhandene Rücklage von 48,2 Milliarden Euro jetzt nicht aufzubrauchen, sondern sie für die Deckung der Defizite im Bundeshaushalt ab 2022 einzusetzen, um dann wieder die reguläre Schuldenbremse einhalten zu können, die eine Neuverschuldung von rund 10 Milliarden Euro gestattet.

Damit wird aber auch klar: Die Konsolidierung des Bundeshaushalts ab dem Jahr 2022 wird unsere gemeinsame Kraftanstrengung sein müssen, wenn wir als CDU/CSU die Bundesregierung nach der nächsten Bundestagswahl weiterhin anführen. Wir werden stringent auf Wirtschaftswachstum setzen, um aus den Schulden „herauszuwachsen“. Gleichzeitig gilt es, das permanente Ausgabenwachstum einzudämmen.

Aber: Die Herausforderung wird deutlich schwieriger sein als nach der Finanzkrise 2009/2010. Es gibt keinen Automatismus hin zu soliden Finanzen. Im Gegenteil: wir müssen wachsam sein, dass nicht Steuererhöhungen, die Lockerung oder gar Abschaffung der Schuldenbremse als der scheinbar einfachere Weg die öffentliche Meinung dominieren.

Die Ausgangssituation 2020/2021 ist aus den folgenden Gründen eine andere als 2009/2010:

  • Die Steuerverteilung hat sich im föderalen Gefüge deutlich zu Lasten des Bundes entwickelt. Der Bund verfügt ab 2021 über nur noch rund 38 Prozent des gesamtstaatlichen Steueraufkommens, die Länder über rund 42 Prozent. Vor zehn Jahren lag der Anteil des Bundes noch bei 43 Prozent, der Anteil der Länder bei unter 40 Prozent. Grund dafür ist die umfangreiche Entlastung von Ländern und Kommunen über die Umsatzsteuerverteilung und der Verzicht auf den Solidaritätszuschlag ab 2021 für 90 Prozent der bisherigen Soli-Zahler. Von wachstumsinduzierten Steuermehreinnahmen profitiert der Bund nicht mehr im gleichen Maße wie in den letzten Jahren.
  • Die Zinsausgaben liegen 2021 bei nur noch 5,9 Milliarden Euro. Im Jahr 2009 lagen sie bei 38,1 Milliarden Euro. Hier gibt es kaum noch Ein-sparpotenzial.
  • Einsparungen bei Sozialausgaben und Investitionen sind heute tabu. Die Ausgaben dafür steigen im Finanzplan immer weiter. Im Jahr 2010 wurde hingegen ein Sparpaket beschlossen („Beschlüsse von Meseberg“).
  • Gleichzeitig müssen enorme Anstrengungen in Zukunftsfeldern wie Klimaschutz, Bildung und Forschung, Digitalisierung, KI, Wasserstoff oder Quantencomputing zur Modernisierung unserer Volkswirtschaft unternommen werden, die den Bundeshaushalt herausfordern.
  • Die demografische Entwicklung wird ab 2025 mit deutlicher Wucht auf den Bundeshaushalt über noch weiter steigende Zuschüsse an die Sozialversicherungen einwirken.
  • Die Beiträge Deutschlands an die Europäische Union liegen wegen des Brexit und neuer europäischer Aufgaben ab 2021 bei über 40 Milliarden Euro. Bisher betragen sie rund 30 Milliarden Euro.
  • Die Tilgungslasten der außerordentlichen Schulden der Jahre 2020 und 2021 werden ab 2023 bzw. 2026 wie beschrieben zu Buche schlagen.
  • Während der Finanzkrise haben vor allem die Garantien des Bundes für die Bad Banks der Hypo Real Estate und der West LB den Schuldenstand um rund 250 Milliarden Euro erhöht. Der Abbau der Portfolios der Bad Banks über die letzten Jahre führte zu einer deutlichen Verringerung des Schuldenstandes. Diesen Weg gibt es heute nicht.

Eine Konsolidierung des Bundeshaushalts ohne Steuererhöhungen wird vor diesem Hintergrund ein Umdenken bei zusätzlichen Ausgabewünschen erfordern. Ohne eine strikte Priorisierung wird es kein Zurück zur Schuldenbremse geben. Wir müssen das Ausgabeniveau – bereinigt um die einmaligen Corona-bedingten Ausgaben – über mehrere Jahre konstant halten und gleich-zeitig die wachstumsinduzierten Steuermehreinnahmen zur Verringerung des Defizits einsetzen.

Das bedeutet auch: Es darf keine weiteren Entlastungen der Länder und Kommunen durch den Bund mehr geben. Die Länder und Kommunen sind in einer deutlich günstigeren finanziellen Situation als der Bund. Die Steuereinnahmen der Länder und Kommunen werden bereits Ende 2021 das Vorkrisen- Niveau von 2019 erreicht haben, die Steuereinnahmen des Bundes erst zwei Jahre später.

Der Bund leistet den weitaus größten Beitrag zur Stabilisierung der aktuellen Situation und hat gleichzeitig auf der Einnahmeseite die höchsten Ausfälle zu verkraften. Dabei ist selbstverständlich anzuerkennen, dass auch die Länder von Steuermindereinnahmen betroffen sind und eigene Corona-bedingte Programme auf den Weg gebracht haben, die zu teilweise hohen Neuverschuldungen in den Landeshaushalten führen.